Johann-Ernst Seidel – Grafikdesign made in Malente
Der Malenter Johann-Ernst Seidel (1920 bis 1973) arbeitete als Grafikdesigner zu einer Zeit, als es diese Berufsbezeichnung noch gar nicht gab. Mit seiner Handwerkskunst prägte er zwischen 1950 und 1973 durch zahlreiche Werbemittel das Erscheinungsbild der Ostseebäder und auch das von Malente. Die charmanten Prospekte und Plakate der 1950’er Jahre wirken noch etwas heimelig. Je freier sich die Gesellschaft entwickelte, desto freier wurden auch Seidels Arbeiten. Mit wenigen Strichen schuf er von Hand zeitlose Piktogramme, Zeichnungen und Illustrationen, die auch heute noch modern anmuten.
Teilweise sind die Arbeiten sehr reduziert – Dennoch wirken sie nicht kühl. Das mag daran liegen, dass Seidel Darstellungen vereinfachte, gleichzeitig jedoch auf realistische Stimmigkeit achtete, wie etwa richtige Spiegelungen oder Wellenläufe im Wasser. Diese Liebe zum Detail lassen seine Entwürfe elegant und lebendig zugleich erscheinen. „Niemand konnte Segelboote so gut zeichnen wie mein Vater“, kommentiert Julia Freese schmunzelnd. Sie verwaltet den künstlerischen Nachlass ihres Vaters. „Als begeisterter Segler wusste er, wie ein volles Segel auszusehen hat“.
Johann-Ernst Seidels Werke
Der gelernte „Gebrauchsgrafiker“ verwendete zunächst traditionelle Maltechniken und schuf Logos, Plakate und Schilder für kleine Unternehmen rund um Eutin und Malente. Für die Malenter Tourismus-Info gestaltete er 1950 zum ersten Mal einen Prospekt, damals noch in schwarz-weiß.
Als er gerade eine illustrierte Landkarte der Salzstraße fertig gestellt hatte, wurde der Esso-Konzern auf ihn aufmerksam und ließ ab 1960 die berühmten Esso-Karten von Seidel gestalten. Das war der Durchbruch und los ging es. Mit dem Auto fuhr er kreuz und quer durchs Land, recherchierte und fotografierte wunderbar analog. Mit Hilfe von Notizen und Besichtigungen zeichnete er anschließend Sehenswürdigkeiten und Aussichtspunkte in die Landkarten hinein. Der Arbeitsprozess von Recherche-Reise bis zur Umsetzung und Reproduktion dauerte pro Karte rund sechs Monate. Unvorstellbar heutzutage.
Johann-Ernst Seidel arbeitete zuletzt für große Firmen und war einer der bekanntesten Grafiker Norddeutschlands. An dem Tag, als er zum Chefdesigner der Dräger-Werke Lübeck ernannt wurde, starb er zusammen mit seiner Frau bei einem Autounfall auf dem Weg nach Hamburg zu einem Konzert. Das Ostholstein Museum Eutin widmete ihm 2016 eine eigene Ausstellung.