Malenter Katen Architektur
Tade Godbersen hat eine Schwäche für alte Katen. Der Hamburger Architekt begibt sich in sein Heimatdorf Söhren bei Malente auf Spurensuche. In dem Rundangerdorf stehen einige dieser einfachen, bäuerlichen Wohnhäuser aus Lehm, Backstein und Fachwerk. Die traditionelle Bauweise findet der Planer durchaus klug und zeitgemäß. Warum, verrät er in einem Gespräch vor Ort.
Tade Godbersen: „Ich bin in einer alten Kate in Söhren aufgewachsen. Immer wenn ich das Haus meiner Eltern besuche, entdecke ich neue Geheimnisse. Verzapfungen an den Fachwerkbalken beispielsweise geben Auskunft über Umbauten, verschwundene Türen und Kammern. Kalkverputze, gerissene Wände zeigen das Lehm-Weiden-Geflecht, aus denen die Innenwände gebaut wurden.
Üblicherweise bestand die Kate in Ostholstein aus einem Ein- und einem Ausgangstor. Vieh- und Heuwagen fuhren durch die Halle vorne rein, hinten raus. Deshalb heißt diese Bauform auch Hallenhaus. Seitlich der Halle wurden zwischen den Ständern des Fachwerks kleine Wohnräume für die Großfamilie hintereinander gebaut.
Wer es sich leisten konnte verfügte über eine „Gute Stube“. Das war ein Wohnraum mit repräsentativen Möbeln. Die „Gute Stube“ wurde jedoch nur an Feiertagen aufgesucht. Das schönste Zimmer sollte geschont werden. Daran an schlossen sich Küche, Milch- und Vorratskammer und zum Schluss die Ställe fürs Vieh. Von der offenen Halle, die später häufig zur Diele umgebaut wurde, hievte man im Herbst das Heu in die Kammern über dem Erdgeschoss. Das Futter fürs Vieh war gleichzeitig eine temporäre Dämmung für die darunterliegenden Wohnräume.
Die Häuser wurden immer wieder umgebaut, je nachdem wie sich die bäuerlichen und familiären Dinge entwickelten. Dazu benutze man alte Baustoffe etwa aus verfallenen Nachbargehöften. Damals wohl aus blanker Not, heutzutage ist die Wiederverwertung (Cradle to Cradle) von Materialien wieder hochaktuell. Sie spart Ressourcen und Energie. Aus ökonomischen Gründen suchten sich die Bauern ihre Materialien in der nahen Umgebung: Steine vom Acker dienten als Fundament für den Kartoffelkeller, Eichenbäume für die Ständerbauweise, Reet fürs Dach, Lehm als Füllmaterial für die Wände. Lehm ist ein wunderbarer Baustoff, der atmet und Feuchtigkeit bindet. Er wird heute wieder häufiger eingesetzt“.
„Ich könnte mir gut vorstellen, in der Kate meiner Kindheit irgendwann einmal mit meiner Familie zu wohnen. Das Wissen über die alte Bauweise und seine Vorzüge werde ich dann bestimmt nutzen.“
Tade Godbersen
Malente: Vom Katendorf zum Kurort
Malente war einst ein ruhiges Katendorf. Die alten Fachwerkhäuser standen vor allem am Marktplatz. Während die Bauern ihrer Arbeit nachgingen, flanierten Großherzoge inkognito durch die hiesigen Wälder und priesen später daheim die Schönheit der sanften Hügellandschaft. Als schließlich 1866 in Malente-Gremsmühlen der erste Bahnhof eröffnet wurde, kam die Hautevolee der umliegenden Städte, um sich das beschauliche Fleckchen Erde auch einmal anzuschauen. Je besser die Zuganbindung wurde, desto zahlreicher strömte das Bürgentum zur Sommerfrische in die Seenlandschaft. Es entstanden herrschaftliche Zweitwohnsitze wie in der Lindenallee. Schließlich erlangte der Ort, dank seiner guten Luft, Kurstatus. Die Katen galten hingegen als unkomfortable, dunkle, Arme-Leute-Behausungen.
Die Malenter Katen: erst hopp, dann top
Malente: Vom Katendorf zum Kurort
Man ließ die Katen zurück wie abgetragene Kleidungstücke. Viele wurden spätestens in den 1960er und 1970er Jahren abgerissen.
Beinahe hätte auch die Thomsen-Kate dieses Schicksal ereilt, wenn nicht der Malenter Heimat- und Verschönerungsverein das heruntergekommene Haus kaufte, sanierte und nach einem Brand Anfang der 1990er neu aufbaute.
Inzwischen weiß man die traditionellen Bauten wieder zu schätzen. In der Thomsen-Kate etwa wurde ein Trauzimmer eingerichtet. Eine der ältesten Katen Ostholsteins, die Tews-Kate, lässt sich besichtigen und das bäuerlich häusliche Leben von einst nachempfinden. Macht Spaß!